Zeitschrift Aufsätze

Dietlinde Munzel-Everling

Kaiserrecht und Rolandfiguren

Die Aufstellung der Rolandfiguren im 14./15. Jhdt. ist auf dem Hintergrund der Karlslegende und der unter Kaiser Karl IV. intensivierten Verehrung Karls des Großen zu sehen. In Karls Sagenkreis gehört sein Paladin Roland, der auch als Heiliger verehrt wurde, weil er im Kampf gegen die Heiden im Tal von Ronçeval den Märtyrertod fand. Schon ab dem 12. Jhdt. lassen sich bildliche Darstellungen von ihm an Kirchen finden.

Ab Mitte des 13. Jhdts. wird das sächsische Recht und besonders der "Sachsenspiegel" als "Kaiserrecht" verstanden, das von den christlichen Herrschern Konstantin und Karl gesetzt wurde. Da Karl IV. sich bewußt in die Tradition Karls stellte, könnte ein Zusammenhang zwischen seiner Hausmachtpolitik und der Aufstellung von Rolandfiguren als Symbolen des Kaiserrechtes besonders in Nordddeutschland und Brandenburg bestehen. Das von Gott verliehene Schwert "Durendart", das Roland trägt, symbolisiert die Herkunft des Kaiserrechts von Gott. In der Regel werden neben Abbildungen Kaiser Karls des Großen keine von Roland aufgestellt (und umgekehrt) oder es werden bereits bestehende Figuren umgedeutet. Parallel zum schwindenden Verständnis der Symbolsprache geht ein möglicher Bedeutungswandel der Figuren einher, so daß die Deutung jedes einzelnen Roland immer auf dem Hintergrund der Zeit der Errichtung, der Stadtgeschichte und anderer bekannter Faktoren geschehen muß.

 

Aufsatz vom 12. September 1997
© 1997 fhi
ISSN: 1860-5605
Erstveröffentlichung
12. September 1997

DOI: https://doi.org/10.26032/fhi-2023-003