Zeitschrift Aufsätze

Peter Collin*

Die Geburt der Staatsanwaltschaft in Preußen


1.Einleitung
2.Die Ausgangslage in Preußen
3.Die regierungsinternen Gesetzgebungsarbeiten
4.Resümee

1. Einleitung

Über die Herkunft der Staatsanwaltschaft aus rechtsstaatlichem und liberalen Gedankengut gab es bislang einen common sense. Als einflussreich erwiesen sich in dieser Hinsicht vor allem die Arbeiten Eberhard Schmidts. Nach Schmidt war die Staatsanwaltschaft als Gesetzeswächter Mitte des 19. Jahrhunderts in das deutsche Rechtsleben getreten.2) Ihren Niederschlag findet diese Auffassung in zahlreichen Festschriften zu Jubiläen von Justizbehörden und in ähnlichen festschriftartigen Abhandlungen.3) Und Roxin hat Generationen von Studenten geprägt, die beim Studium des Strafprozessrechts die Erkenntnis vermittelt bekamen, die Schaffung der Staatsanwaltschaft sei langjährigen liberal-rechtsstaatlichen Reformbemühungen zu verdanken, denen die Revolution von 1848/49 zum Erfolg verhalf.4) Die Staatsanwaltschaft, so Roxin, "ist als Mittel staatsbürgerlicher Befreiung, nicht als Instrument obrigkeitlicher Repression ins Leben getreten. Das sind gewiss triviale Erkenntnisse."5) Die gängigen Lehrbücher zur deutschen Rechtsgeschichte haben sich dieser Sicht der Geschehnisse angeschlossen.6) Auch im Lehrbuch von Rüping zur Strafrechtsgeschichte ordnet sich die Staatsanwaltschaft noch recht widerspruchslos in den humanitären Fortschrittsprozess ein, für den der Übergang vom Inquisitionsverfahren zum mündlichen und öffentlichen Anklageverfahren steht.7) In einem späteren Aufsatz, der sich auf eigene archivalische Forschungen zur preußischen Gesetzgebungsgeschichte stützt, macht Rüping keine wesentlichen Abstriche daran. Zwar habe es starke Kräfte in der preußischen Regierung gegeben, die den Schwerpunkt auf einen Einsatz der Behörde als Interessenvertreter der Exekutive legten; letztlich hätten sich jedoch rechtsstaatliche Gedanken durchgesetzt.8)1
Auch wenn Rüping in jüngerer Zeit ein Umdenken bei der Beurteilung der Strafprozessreform anmahnt9), so hat sich doch eine "herrschende Meinung" herausgebildet, die sich folgendermaßen zusammenfassen lässt: Mitte des 19. Jahrhunderts fand in nahezu allen deutschen Staaten eine Reform des Strafverfahrens statt. Der neue Prozess löste das alte Inquisitionsverfahren ab. An die Stelle der mitunter noch mit Zwangsmitteln unterstützten Beweisgewinnung und der Fixierung auf das Geständnis des Angeschuldigten trat die freie Beweiswürdigung des Richters in einer mündlichen Verhandlung. Das geheime und daher Missbräuchen offene Verfahren wurde ersetzt durch die Öffentlichkeit der Verhandlung. Den Platz des Richters, der bisher auch die Anklägerrolle zu übernehmen hatte, nahm der Staatsanwalt ein; der Richter konnte sich nun auf die Leitung des Verfahrens und auf die Urteilsfindung konzentrieren. Die Rolle des Staatsanwalts reduzierte sich allerdings nicht auf die eines Anklägers. Er war gleichermaßen gehalten, auch die den Angeklagten entlastenden Momente zu berücksichtigen und auf die Einhaltung der Gesetze zu achten. Er war also "Gesetzeswächter" - eine Funktionsbeschreibung, die sich hervorragend zu Legitimationszwecken einsetzen ließ. Exemplifiziert wurde die derart beschriebene Entstehungsgeschichte der neuen Behörde an der preußischen Entwicklung. Denn zu den preußischen Gesetzgebungsarbeiten lag schon eine Dokumentensammlung des Staatsanwalts Otto aus dem Jahr 1899 vor, die anscheinend eine sichere Quellengrundlage bot.10) Die preußischen Regelungen11) waren Vorbild der späteren Reichsgesetzgebung.12) Und nicht zuletzt verband sich das Gesetzgebungswerk mit dem Namen des damaligen Gesetzgebungsministers Savigny, dem man einen maßgeblichen Anteil an den Arbeiten zur Reform des Strafverfahrens zuschrieb.13)2
Die Geburt der Staatsanwaltschaft erscheint also im Licht des Fortschritts und der Humanisierung der Strafrechtspflege. Dabei gibt es jedoch gute Gründe, dieser Deutung zu misstrauen. Der erste ergibt sich aus der Regelung des Unterstellungsverhältnisses der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwälte unterlagen dem Weisungsrecht des Justizministers.14) Aufgaben, die früher das unabhängige Gericht wahrnahm, waren nun einer weisungsabhängigen Behörde anvertraut. Der zweite Misstrauensgrund steht mit dem bisher bekannten Teil der Gesetzgebungsgeschichte selbst im Zusammenhang. Die preußischen Gesetzentwürfe, die die Regelungen zur Staatsanwaltschaft enthielten, waren schon vor Ausbruch der Revolution von 1848 ausgearbeitet worden. Maßgeblich beteiligt waren die Justizverwaltungsminister Mühler (1832-44), Uhden (1844-48) und - zumindest nach Auffassung einiger Autoren - der Gesetzgebungsminister Savigny (1842-48). Eine vorauseilende Erfüllung liberaler Reformforderungen konnte von diesen Männern, die man keinesfalls als politisch liberal einstufen kann15), nicht erwartet werden. 3
So verwundert es nicht, dass sich schon vorher Autoren zu Wort meldeten, die eine andere Sichtweise verfochten. Der scharfsinnige und unkonventionelle junge Historiker Eckart Kehr etwa wertete in den 20er Jahren die Einführung der Staatsanwaltschaft als Ausdruck des "Kampfes der Verwaltungsbürokratie gegen die im Zuge der Entwicklung zum bürgerlich-liberalen Rechts- und Verfassungsstaat liegende Emanzipation der Richterbürokratie".16) M.a.W.: der mit der Unabhängigkeit der Rechtsprechung verbundenen Gefahr, dass Interessen der Regierung im Rahmen der Strafrechtspflege keine Berücksichtigung mehr fanden, sollte entgegengewirkt werden durch die Einsetzung einer von Weisungen des Justizministeriums abhängigen Behörde. Und in neuerer Zeit vermuteten Blankenburg und Treiber, die Einführung der Staatsanwaltschaft sei zwar Bestandteil eines liberalen Reformprogramms gewesen; die Regierung jedoch hätte bei der Implementierung dieses Reformpunktes ihre eigenen Bestrebungen umgesetzt, die Reformer also getäuscht.17) Mehr als fußnotengroße Aufmerksamkeit konnten sich diese Denkansätze jedoch meist nicht erkämpfen. Hierbei mögen Gründe, die mit den Intentionen des Festschrifttumswesens im Zusammenhang stehen, eine Rolle gespielt haben; entscheidend dürfte aber sein, dass die genannten Autoren ihre Ansichten nicht quellenmäßig untermauert haben. 4
Die nunmehr im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin-Dahlem zusammengeführten Archivbestände (vormals Dahlem und ZStA Merseburg) erlauben es, den Gang der Gesetzgebungsarbeiten nachzuvollziehen, die Beteiligten zu identifizieren und ihre Motive soweit wie möglich herauszuarbeiten.18) Den folgenden Ausführungen sind die Überlieferungen des Justizverwaltungsministeriums, des Gesetzgebungsministeriums, des Staatsrats und des Zivilkabinetts zugrundegelegt. 5

2. Die Ausgangslage in Preußen

1815 hatte der preußische König den Gerichten ausdrücklich ihre Unabhängigkeit bestätigt. Einzige Leitlinie der Rechtsprechung sollte das Gesetz sein.19) Das bedeutete einerseits, dass Weisungen der Exekutive, die auf eine bestimmte gerichtliche Entscheidung zielten, nicht bindend sein konnten. Andererseits postulierte die königliche Order die Politikferne der Rechtsprechung; Erwägungen also, die nicht auf dem Gesetz beruhten, sondern auf Nützlichkeitsgesichtspunkten, durfte das Gericht bei seiner Urteilsfindung grundsätzlich nicht berücksichtigen.20) Das Prinzip der Unabhängkeit der Rechtsprechung stand damit einer direkten politischen Beeinflussung oder gar Steuerung der Strafrechtspflege im Wege. Allerdings gab es Durchbrechungen dieses Grundsatzes. 6
Zum Einen stand dem Justizminister ein Weisungsrecht auch gegenüber den Gerichten zu. Dieses beschränkte sich zwar eigentlich auf die Dienstaufsicht und auf Fragen der Justizorganisation21); die Grenze zur direkten Einflussnahme auf richterliche Entscheidungsfindung verlief jedoch fließend. Anweisungen zur Auslegung strafrechtlicher Normen finden sich beispielsweise auch in gedruckten Sammlungen.22) Zulässigkeit und Bindungswirkung solcher Weisungen standen allerdings im Streit. Nicht selten von der Literatur in die Nähe zur Kabinettsjustiz gerückt23) und von Richtern soweit wie möglich ignoriert oder zumindest abgelehnt24), galten sie auch innerhalb der Ministerialbürokratie nicht mehr als zeitgemäß.25) Weisungen gegenüber den Gerichten hatten sich somit als Mittel der Einflußnahme überlebt. 7
Ferner stand der Regierung für Interventionen in die Strafrechtspflege das Bestätigungsrecht zur Verfügung. Doch auch dieses setzte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einer zunehmenden öffentlichen Kritik aus, repräsentierte es doch eine absolutistische Auffassung von Justizhoheit26) und erschien unvereinbar mit der den Gerichten zugesicherten Unabhängigkeit.27) Deshalb wurde das königliche Bestätigungsrecht in den 40er Jahren nur noch als Begnadigungsrecht praktiziert28) und das justizministerielle Bestätigungsrecht in seinem Geltungsbereich auf wenige schwere Strafsachen eingeengt29). Aber selbst in dieser eingeschränkten Form hielt das Justizministerium ein weiteres Festhalten daran für unzeitgemäß.30)8
Auch staatspolizeiliche Kommissionen, die im Strafverfahren Aufgaben der Untersuchungsführung übernahmen, konnten nicht ernsthaft als dauerhaft einsetzbares Mittel der Intervention in die Strafrechtspflege überleben. Diskreditiert als Erfüllungsgehilfen einer restaurativen Politik hatten sich diese Einrichtungen, die paritätisch aus Verwaltungsbeamten und Richtern oder nur aus Verwaltungsbeamten bestanden und sowohl auf bundes- wie auch auf einzelstaatlicher Ebene gegründet worden waren, in den Zeiten der Demagogenverfolgung, also in den Jahren nach 1819 und nach 1832.31)9
Die herkömmlichen außergerichtlichen Instrumentarien, mittels derer Einfluss auf die Gestaltung von Strafverfolgung hätte genommen werden können, hatten also keine Perspektive. Dessenungeachtet war man sich darüber einig, dass die Strafrechtspflege nicht allein den Gerichten überlassen werden konnte. Der Richter allein nämlich, nach damals herrschender Auffassung starr an das Gesetz gebunden, kasuistisch32) und Zweckmäßigkeitserwägungen unzugänglich33), konnte die Anforderungen, vor denen die preußische Strafrechtspflege in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stand, nicht bewältigen. 10
Denn die Praxis des preußischen Strafrechts sah sich nicht nur "parteipolitisch" motivierten Bedürfnissen der Regierung ausgesetzt. Die sich seit den 30er Jahren verstärkt artikulierenden öffentlichen Forderungen nach einer Reform des Strafverfahren widerspiegelten auch und vor allem andere gesellschaftliche Erfordernisse. Zum einen hatten natürlich die Demagogenverfolgungen einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Die Nichtöffentlichkeit des Verfahrens bot ein Einfallstor für staatliche Willkür34); eine öffentliche Verhandlung dagegen schien die Möglichkeit der Teilnahme des Bürgertums an der Ausübung der Strafrechtspflege und damit deren Kontrolle zu bieten.35) Aber diese in der Reformliteratur vielfach auftretenden Topoi dürfen nicht der Erkenntnis im Wege stehen, dass diese Argumente vor allem politische Strafverfahren betrafen, die sich gegen Angehörige des Bürgertums richteten.36) Hierbei handelte es sich allerdings nur um einen winzigen Anteil an der Gesamtzahl der Kriminaluntersuchungen. Der quantitative Schwerpunkt der Kriminalitätsbekämpfung lag auf der Verfolgung anderer Straftaten. Hierbei sind vor allem armutsbedingte Eigentumsdelikte zu nennen, wobei der Diebstahl von Holz und Feldfrüchten an vorderster Stelle steht.37) Und ein überproportional hoher Anstieg der (verfolgten) Kriminalität belastete die Justiz erheblich. Bei einem Wachstum der preußischen Bevölkerung von etwa 10 auf 16 Millionen Einwohner in der Zeit von 1800 bis 1848 stieg die Zahl der Strafverfahren allein zwischen 1822 und 1840 von rund 64000 auf rund 252000 an.38)11
Was Not tat, war also eine Prozessreform, die diese Belastungen auffangen konnte. So verwundert es nicht, wenn in der Reformpublizistik immer wieder davon die Rede war, dass das reformierte Strafverfahrensrecht dem Bedürfnis nach Verfahrensbeschleunigung und Kostenersparnis Rechnung tragen müsse. Der alte mit einem zeitaufwendigen Aktengang verbundene Inquisitonsprozess werde diesem Erfordernis nicht gerecht.39) Und in die sich stark von Effektivitätserwägungen leiten lassende Reformliteratur ordnete sich die Forderung nach Einrichtung einer Staatsanwaltschaft ein. Als Vorbild stand das öffentliche Ministerium, das "ministére public" zur Verfügung, das in den Rheingebieten, die das französische Recht rezipiert hatten, Aufgaben der Strafverfolgung übernahm40)12
Nach den Vorstellungen der Reformliteratur unterschied sich die Staatsanwaltschaft vom Richter zunächst dadurch, dass sie sich nicht dem Postulat der Unparteilichkeit unterwerfen musste. Sie konnte somit Zwecke verfolgen, deren Wahrnehmung dem unparteilichen Richter versagt war. Dazu gehörte beispielsweise die Einstellung der Untersuchung aus prozessökonomischen Motiven oder aus Gründen des öffentlichen Interesses.41) Außerdem konnte die Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklage ein Untersuchungsprogramm vorlegen, an das das Gericht gebunden war.42) Davon versprach man sich eine "Vereinfachung und Abkürzung" des Verfahrens.43)13
Ferner galt für die Staatsanwaltschaft nicht das Unabhängigkeitspostulat. Staatsanwälte vertraten eine "Partheisache"44), folglich über das verletzte Gesetz hinaus die Interessen des strafverfolgenden Staates. Dessen Intentionen waren somit zu berücksichtigen. Legitim erschien es also, dass der Staat seinerseits auf die Staatsanwaltschaft einwirkte, um seine -auch außergesetzlichen - Vorgaben umsetzen zu können. Der Parteigedanke rechtfertigte damit die Unterordnung der Staatsanwaltschaft unter die Regierung.45) Folgerichtig erschien deshalb auch eine Weisungsbindung der Staatsanwaltschaft, die Mittermaier, der einflussreichste Autor der Reformpublizistik, auch prinzipiell bejahte.46)14
Die Öffnung der neuen Behörde für Zweckmäßigkeitserwägungen lief also auch nach Auffassung der liberalen Reformliteratur auf ihre Weisungsunterworfenheit hinaus. Da die Staatsanwaltschaft beitragen sollte zur Überwindung der Ineffiziens der Strafrechtspflege47), hatte sie sich auch außerrechtliche Zwecksetzungen zur Leitlinie zu machen. Insoweit herrschte, wie zu zeigen sein wird, Übereinstimmung mit den Regierungen. Offen blieb nur, auf welche Zwecksetzungen der Schwerpunkt gelegt wurde. 15

3. Die regierungsinternen Gesetzgebungsarbeiten

Die Möglichkeiten eines reformierten Prozesses mit Staatsanwaltschaft standen der preußischen Regierung schon mit der Übernahme der französischrechtlichen Rheinprovinz vor Augen. Die Vor- und Nachteile der dortigen Regelungen wurden auch diskutiert.48) Zu konkreten Gesetzgebungsvorhaben kam es zunächst allerdings nicht. 16
Erst 1828 wurde der Oberlandesgerichtsrat Friedrich Scheller mit der Ausarbeitung eines StPO-Entwurfs betraut, der die seit 1805 geltende, auf dem Inquisitionsprinzip fußende Kriminalordnung ablösen sollte. Aber - und hier lag schon die erste Schwierigkeit, die einer erfolgreichen Reform des Strafverfahrens im Wege stand - beabsichtigt war keineswegs, das altpreußische Prozeßmodell aufzuheben; mit der neuen Regelung sollten lediglich einzelne Mängel behoben werden.49) Dessenungeachtet versuchte Scheller, über dessen damalige politische Einstellung nichts bekannt ist, der aber in den späten 40er Jahren als konstitutioneller Liberaler hervortrat50), in seinem Entwurf Elemente des französischen Strafverfahrens zu verankern. Eine mündliche Verhandlung gehörte dazu, aber auch ein Staatsanwalt, den Scheller in Anlehnung an altpreußische Traditionen noch "Fiskal" nannte. Als Aufgabe des Staatsanwalts sah er vor: die Anzeige von Verbrechen, die Erhebung der Anklage und die Einlegung von Rechtsmitteln.51) Die Entwurfsmotive ließen, was die Notwendigkeit der Einführung einer - weisungsgebundenen - Staatsanwaltschaft betraf, an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Das Interesse der "inneren Sicherheit" mache es erforderlich, korrigierend auf die richterliche Tätigkeit einzuwirken.52) Ausdrücklich verwies Scheller in diesem Zusammenhang auf den Fall Asverus. Den als Demagogen verfolgten Studenten Gustav Asverus hatte das Oberlandesgericht Frankfurt an der Oder kurz zuvor trotz manigfaltiger Bemühungen der Regierung letztinstanzlich freigesprochen.53)17
Zu einer Umsetzung des Schellerschen Entwurfes kam es allerdings nicht. In den anschließenden Beratungen der Gesetzrevisionskommission setzte sich der einflussreiche und spätere Justizminister Kamptz durch, für den das französische Recht unter Revolutionsverdacht stand.54) Zudem befürchtete er, mit der Staatsanwaltschaft würde der Polizei eine Konkurrenz erwachsen, die die bestehende Polizeiverfassung auseinanderbrechen ließe.55) So endete der erste Versuch der Schaffung einer Staatsanwaltschaft erfolglos. 18
Das gleiche Schicksal war einem Entwurf Duesbergs von 1835 beschieden, der ähnliche Vorschläge enthielt. Die dort enthaltenen Regelungen zur Staatsanwaltschaft erlangten keine Geltung, da man in den anschließenden Beratungen das Bedürfnis nach einer Gesamtreform des Strafverfahrens verneinte.56) Ein schließlich unter der Federführung des nunmehrigen Justizministers Kamptz 1841 selbst angefertigter Entwurf57) enthielt überhaupt keine neuen Bestimmungen im Sinne des reformierten Verfahrens, sondern lehnte sich fast vollständig an das alte Inquisitionsprinzip an.58)19
Es darf jedoch nicht angenommen werden, die Stimmung in der preußischen Justizministerialbürokratie sei dem neuen Verfahren und damit der Staatsanwalt gegenüber durchgehend feindlich gewesen. Es war offensichtlich der Einfluss des reformfeindlichen Ministers Kamptz, der die Gesetzgebungsarbeiten blockierte - ein Umstand, der schließlich 1842 auch zu seiner Abberufung führte.59) Jetzt schien der Weg frei für die Umgestaltung des Strafverfahrens. Neuer Gesetzgebungsminister wurde der hochangesehene Savigny, der schon in einer Denkschrift Veränderungen angemahnt hatte.60) Und Justizverwaltungsminister war Mühler, der sich schon 1840 für eine Reform im Sinne einer Effektivierung des Strafverfahrens ausgesprochen61) und in diesem Sinne versucht hatte, Einfluss auf die Gesetzgebung auszuüben62), damals allerdings noch ohne Erfolg. 20
Trotz dieser relativ günstigen Ausgangsbedingungen kam es jedoch zunächst nicht zu einer umfassenden Prozessreform. Die Gesetzgebungsarbeiten konzentrierten sich vorerst lediglich auf die Schaffung der Staatsanwaltschaft; die Reformpunkte Mündlichkeit und Öffentlichkeit blieben vorerst ausgeblendet. Anlass dieser einseitigen Dynamisierung der Reformarbeiten war die Unzufriedenheit des Monarchen, die in einer Order an die Justizbürokratie mündete. 21
Friedrich Wilhelm IV. war ein unzeitgemäßer König. Konstitutionellen Gedanken stand er entschieden ablehnend gegenüber. Er war befangen in einem fantasievoll ausgestalteten romantisch-mittelalterlich geprägten paternalistischen Politikverständnis.63) Als Initiator rechtsstaatlich-liberaler Reformanstrengungen kommt er keinesfalls in Frage. Dennoch ging von ihm der Anstoß aus, sich auf gesetzgeberischer Ebene noch einmal intensiv mit der Einrichtung einer Staatsanwaltschaft zu beschäftigen. In der Kabinettsorder vom 12. August 1849 forderte er die Beschleunigung der Gesetzrevision, damit die neue Behörde alsbald errichtet werden konnte. Grund war die Unzufriedenheit mit der Tätigkeit der Gerichte.64) Welche konkreten Urteile den Unmut des Königs auslösten, ist nicht mehr feststellbar. Selbst dem Gesetzgebungsminister Savigny war es nicht bekannt.65) Friedrich Wilhelm IV. verschaffte jedenfalls den Gesetzgebungsarbeiten nicht nur eine neue Dynamik; er gab auch die Leitlinie vor, an der sich künftige Entwürfe auszurichten hatten: Dem Staat sollte ein Rechtsmittel gegen Gerichtsurteile in die Hand gegeben werden.66)22
Die nunmehr unter der Federführung des Justizverwaltungsministers Mühler und des Gesetzgebungsministers Savigny ausgearbeiteten Entwürfe konzentrierten sich auf die Umsetzung dieses Ziels. Eine grundlegende Reform des Strafverfahrens, wie sie die bürgerliche Reformliteratur forderte, war nicht beabsichtigt. Dass durch diese punktuelle Maßnahme erstens die eigentlichen Reformziele in Mitleidenschaft gezogen werden würden und zweitens ein negatives öffentliches Echo provoziert zu werden drohte, sah auch Savigny, der deshalb zunächst eine ablehnende Haltung einnahm.67) Mühler gelang es jedoch, das Staatsministerium auf seine Seite zu bringen, indem er die Vorteile einer Staatsanwaltschaft als Verfahrensinitiator, insbesondere in politischen Strafsachen, zu vermitteln verstand; gerichtliche Inaktivität in dieser Hinsicht könne auf diesem Weg ausgeglichen werden.68) Savigny reagierte mit einem Konzept der Staatsanwaltschaft als Kontrolleur der Qualität der Rechtsprechung; eine Nichtigkeitsbeschwerde, von der Staatsanwaltschaft eingelegt, sollte es künftig möglich machen, Urteile einer Überprüfung durch ein höheres Gericht zu unterziehen.69) Hier lag der Schwerpunkt nicht auf der Schaffung einer eigenständig agierenden Verfolgungsbehörde; vielmehr konzentrierte sich der Reformvorschlag auf die Schaffung eines dem Staat zustehenden Korrekturinstrumentes. 23
Im Staatsministerium und im Staatsrat, der als eine Art Beamtenparlament Gesetzentwürfe detailliert zu erörtern hatte,70) stieß der Vorstoß Savignys auf eine positive Resonanz, ließ sich doch durch das neue Rechtsmittel das alte, in der Öffentlichkeit angegriffene Bestätigungsrecht ersetzen. Gleichzeitig sollte aber auch, Mühlers Vorschläge berücksichtigend, die neue Behörde für die Verfahrenseinleitung zuständig sein.71) Allerdings erfuhr das Konzept Savignys in zweifacher Hinsicht eine Erweiterung. Einerseits beschloß das Staatsministerium, dass mit dem neuen Rechtsmittel nicht nur eine falsche Gesetzesanwendung, sondern auch eine unzutreffende Tatsachenentscheidung angegriffen werden sollte.72) Diese Änderung erscheint aus heutiger Sicht modern und vernünftig. Aber der Hintergrund dürfte ein eminent politischer gewesen sein. Savigny wollte untergerichtliche Entscheidungen einer Rechtskontrolle unterziehen, sie vor den höherinstanzlichen, quasi vor den intelligenteren Richter bringen. Sein Vorschlag zielte in die Richtung einer Qualifizierung oder wenn man so will, einer Verwissenschaftlichung der Rechtsprechung. Der staatsministerielle Änderungsbeschluß führte hingegen die Gesetzgebungsarbeiten auf die von der königlichen Order vorgezeichnete Bahn zurück. Diese hatte nicht eine zweckfreie allgemeine Hebung des Niveaus der Richtersprüche im Sinn gehabt, sondern die Unterwerfung einer als politisch unzuverlässig eingestuften Rechtsprechung unter Regierungskontrolle.73) Aus dieser Perspektive erschien es irrelevant, ob ein als unbotmäßig angesehenes Urteil auf vermeintlich falscher Subsumtion oder auf angeblich unzutreffender Tatsachenerfassung beruhte.74) Und noch eine andere Erweiterung des Plans Savignys betraf ein sensibles politisches Problem. Hatte Savigny noch dafür plädiert, die Aufmerksamkeit des Staatsanwalts "auf diejenigen Verbrechen zu richten, durch welche der Staat in seiner Gesammtheit und die öffentliche Ordnung verletzt wird"75), was letztendlich wohl eine Konzentration auf die politischen Strafsachen bewirkt hätte, erkannte man wahrscheinlich im Staatsministerium die verheerende öffentliche Wirkung, die die Umsetzung eines solchen Konzepts hervorgerufen hätte. Gegenüber einer sensibilisierten, durch die Demagogenverfolgung misstrauisch gewordenen Öffentlichkeit wäre ein solcher Schritt nur schwer zu rechtfertigen gewesen. Mit dem Hinweis auf die zu erwartenden öffentliche Kritik verband ein Votant dann auch den Vorschlag, den Staatsanwalt bei allen Strafsachen einzusetzen. Mit dieser Argumentation zog er schließlich die Mehrheit der Staatsratsmitglieder auf seine Seite.76)24
Die Prämissen der neu zu errichtenden Behörde waren damit vorläufig umrissen: eine Erweiterung des Einflussbereiches der Regierung bei gleichzeitiger Rücksichtnahme auf die öffentliche Meinung. Allerdings zeigte eine Befragung der Obergerichte, die man mit den Inhalten der Entwürfe - nicht mit den in den Beratungen offenbarten Motiven - vertraut gemacht hatte, dass immer noch beträchtliche Diskrepanzen zu den Vorstellungen der bürgerlichen Reformliteratur bestanden. Die Richter kritisierten vor allem die einseitige Ausrichtung der Konzeption auf die Schaffung eines neuen Rechtsmittels des Staates. Die Erfüllung wesentlicher Forderungen, nämlich die Einführung der Mündlichkeit und der Unmittelbarkeit des Verfahrens, fehlte ihnen. Nur von einer grundlegenden Reform des Strafverfahrens, die auch diese Programmpunkte einbezog, versprachen sie sich Erfolg.77)25
Neuen Schwung sollte den Gesetzgebungsarbeiten erst die Initiative des jungen Assessors Heinrich Friedberg, des späteren preußischen Justizministers, bringen. 26
Friedbergs damalige politische Ansichten lassen sich nicht ermitteln. Zu erwähnen ist, dass er vor seinem Eintritt in das Justizministerium am Oberzensurgericht unter dem liberalen Bornemann gearbeitet hatte, den er auch noch in späterer Zeit verehrte. In erster Linie aber ist hervorzuheben, dass er er ein erstklassiger Jurist war, der es verstand, sich durch exzellente Leistungen und ein gewandtes gesellschaftliches Auftreten emporzuarbeiten, eine Karrierejurist also, was durchaus nicht im negativen Sinne zu verstehen ist.78)27
Friedberg nun nahm eine Bestandsaufnahme der bisherigen Arbeiten vor und kam zu dem Schluss, dass bisher der Schwerpunkt zu sehr auf die Frage der Einführung eines neuen Rechtsmittels gelegt worden sei, weniger auf das ausführende Organ selbst, die Staatsanwaltschaft. Die neue Behörde erschien somit nur als notwendiges Übel, als bloßer Exekutor staatlichen Korrekturwillens. So sei es nicht verwunderlich, dass man ihr fehlende Akzeptanz in der Öffentlichkeit voraussage. Deshalb sei ein Umdenken notwendig. Die Staatsanwaltschaft müsse als eigenständige Behörde mit umfassenden Konsequenzen und einer von allen Seiten anerkannten Legitamitionsbasis ausgestattet in der Justizverfassung verankert werden.79) An dieser Stelle brachte Friedberg das Amt des "Gesetzeswächters" ins Spiel. Auch wenn dieser Begriff schon vorher in den Motiven und Beratungen aufgetaucht war, so entfaltete er doch erst jetzt seine volle argumentative Kraft. Der Gesetzeswächter sollte einerseits objektiv sein, also auch die den Angeklagten entlastenden Momente ermitteln und berücksichtigen. Andererseits war die Gesetzeswächtertätigkeit mit einer umfassenden Verfolgungsaktivität verbunden; nicht nur politische Straftaten, sondern alle Gesetzesverletzungen fielen danach in das Aufgabengebiet des Staatsanwalts.80)28
Friedbergs Ausführungen markierten jedoch nicht - entgegen dem ersten Anschein - den Beginn einer kopernikanischen Wende, in der sich der Staatsanwalt vom Sachwalter konservativer Regierungsinteressen zum Wahrer liberaler rechtsstaatlicher Maximen wandelte. Die Forderung, dass der Staatsanwalt auch im Interesse des Angeklagten handeln sollte, strich der redigierende Justizminister Uhden zwar nicht aus dem Votum heraus; er tat diesen Programmpunkt aber als unerheblich ab; in der Praxis würden solche Fälle wohl nur selten vorkommen, notierte er in einer Randbemerkung.81) Auch der Verzicht auf die Konzentration auf politische Straftaten darf nicht überschätzt werden. Denn ungeachtet des Umstandes, dass eine entsprechende Formulierung nicht im Gesetz auftauchen sollte, blieb sich Friedberg doch sehr wohl der Tatsache bewusst, dass auch für die weiteren Arbeiten die königliche Order die Richtlinien vorgab82) - und den Intentionen des Monarchen entsprach die Überwachung der als politisch unzuverlässig eingeschätzten Rechtsprechung. Friedbergs Ausführungen dahingehend beschritten also keine grundlegend neuen Wege, vor allem, wenn er auf die Notwendigkeit hinwies, das alte Bestätigungsrecht durch eine Rechtsmittelbefugnis des Staates zu ersetzen und durch die Einlegung von Rechtsmitteln in "geschickt ausgewählten Fällen" eine regierungskonforme Rechtsprechung zu sichern.83)29
Als grundlegend neu allerdings erwies sich die Gestaltung des Verhältnisses von Staatsanwaltschaft und Polizei im Friedbergschen Entwurf. Er schlug vor, der Staatsanwaltschaft das "materielle Imperium" über die Polizei zu verschaffen. Das bedeutet, der Staatsaatsanwalt sollte gegenüber den Polizeibehörden weisungsbefugt sein.84) Friedberg orientierte sich damit am linksrheinischen Modell einer der Justiz unterstellten gerichtlichen Polizei.85) Doch gerade dieser Vorschlag stieß in den anschließenden Beratungen im Staatsministerium auf den größten Widerstand. Man befürchtete, die Unterstellung der Polizei unter die Justiz könnte gerade in politischen Verfahren zu einer Vernachlässigung der Regierungsinteressen führen.86)30
Hierauf entstand erst jenes Dokument, welches gewissermaßen in den Rang einer Geburtsurkunde der preußischen Staatsanwaltschaft aufgerückt ist87) und dem Gesetzgebungsminister in diesem Zusammenhang eine Position verschafft hat, die diesem nicht zusteht. Um den aufgetauchten Bedenken nämlich entgegenzutreten, ließen Uhden und Savigny ein Promemoria ausarbeiten, dass auch unter ihrem Namen in die Geschichtsschreibung eingegangen ist. Verfasser war aber wieder Friedberg, Savignys Anteil beschränkte sich auf einige redigierende Anmerkungen nach Erstellung des ersten Entwurfs.88)31
Das Promemoria, das das Gesetzeswächteramt der Staatsanwaltschaft betont89) und deswegen oft für die Herkunft der Staatsanwaltschaft aus liberal-rechtsstaatlichem Gedankengut als Beweis herangezogen wurde, erfasste jedoch nur Teilaspekte der bisherigen Diskussion. Auskunft über die eigentlich den Arbeiten zugrundeliegende Motivation gibt es nicht. 32
Den Anlass für den fast gleitenden Übergang der bisherigen Arbeiten in die praktische Umsetzung bot ein schon in der Vorbereitung aufgedeckter Aufstand polnischer Nationalisten im Winter 1846. Die Aufstandsteilnehmer sollten vor dem Kammergericht wegen Hochverrats angeklagt werden. Bei der großen Zahl der Aufstandsteilnehmer erschien ein zügiger Prozessablauf unmöglich, wollte man im Wege des alten Inquisitonsverfahrens vorgehen. Eine lange Prozessdauer, so befürchtete man, könne die Angeklagten in den Stand von Märtyrern versetzen.90) Eine Staatsanwaltschaft, so hoffte es der Innenminister Bodelschwingh, könne dagegen für eine effektive Verfahrensführung sorgen. Er schlug daher deren Einführung vor.91) Uhden hingegen fürchtete zunächst, die dazu erforderliche zu erstellende gesetzliche Regelung könne wegen ihres offensichtlichen Maßnahmecharakters auf öffentlichen Widerstand stoßen.92) Nachdem Bodelschwingh jedoch den Monarchen auf seine Seite gezogen hatte,93) erstellte Friedberg den geforderten Gesetzentwurf, der die vorangegangenen Arbeiten inhaltlich in sich aufnahm.94) Der eigentlich zuständige Gesetzgebungsminister Savigny war nicht zu den Arbeiten hinzugezogen worden, auch informiert hatte man ihn erst später.95)33
Das neue daraufhin erlassene Gesetz vom 17. Juli 184696) führte für den Bezirk des Berliner Kammergerichts ein mündliches und akkusatorisches Verfahren ein; eine wesentliche Forderderung der liberalen Reformer, die nach der Öffentlichkeit, hatte man also nicht erfüllt.97)34
Die Reformliteratur, von der Regierung über die Motive des Gesetzeswerkes im Unklaren gelassen98), begrüßte die Neuerung zunächst, hoffte sie doch, dass davon Impulse für eine umfassendere Gesamtreform ausgingen.99) Die Tatsache, dass mit der Staatsanwaltschaft der Regierung eine weisungsabhängige Behörde zur Verfügung stand, mit der sie ihre tagespolitischen, aber auch ihre weitreichenden kriminalpolitischen Vorstellungen wirksam einbringen konnte, registrierte man sehr wohl100); jedoch überwog offensichtlich die Genugtuung darüber, dass der größte (klein-) deutsche Staat überhaupt erste Schritte in Richtung Umgestaltung des Strafverfahrens unternommen hatte. Außerdem passte ja auch ein weisungsabhängiger Staatsanwalts durchaus in das Konzept der Reformer, wie oben gezeigt wurde; ähnliche Absicherungen wie bei dem unabhängigen Richtern hielt man für weitgehend entbehrlich. 35
Auch die Revolution von 1848/49 beinflusste in dieser Hinsicht den weiteren Gang der Dinge nicht. Die Regierung setzte ihre Vorstellungen nahezu voll um. Das Gesetz vom 3. Januar 1849101), welches das reformierte Verfahren in ganz Preußen einführte und die Grundlage für den Prozess nach der Reichsstrafprozessordnung bildete, beruhte fast vollständig auf dem Gesetz vom 17. Juli 1846.102)36

4. Resümee

Die Staatsanwaltschaft war also weder ein "Kind der Revolution"103) noch ist ihre Einführung auf liberal-rechtsstaatliches Gedankengut zurückzuführen. Nahezu unbeeindruckt von der in der Literatur stattfindenden Reformdiskussion104) entwarf die Ministerialbürokratie eine Staatsanwaltschaft, die den Bedürfnissen der Regierung entsprach. Ihr ging es in erster Linie darum, eine Behörde zu schaffen, die ein Gegengewicht zu den als politisch unzuverlässig verdächtigten Gerichten darstellte, deren Tätigkeit initiierte, kontrollierte und wenn nötig korrigierte. Auf diese Weise, so hoffte man, könnten politische Zwecksetzungen im Strafverfahren ihre Berücksichtigung finden. Hinter dem "Wächter des Gesetzes" verbarg sich das "Organ der Staatsregierung".105)37


Fußnoten:

1 Die folgenden Ausführungen beruhen auf Untersuchungen im Rahmen der Dissertation "'Wächter der Gesetze' oder 'Organ der Staatsregierung'? Konzipierung, Einrichtung und Anleitung der Staatsanwaltschaft durch das preußische Justizministerium. Von den Anfängen bis 1860", die im Herbst 2000 bei Klostermann, Frankfurt am Main, erschienen ist.

2Schmidt, Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, 3.A., 1965, S. 330 ff.; ferner ders., MDR 1951, S. 1 ff.; ders. DRiZ 1957, S. 273 ff.; ders., MDR 1961, S. 269 ff.

3 Z.B. Börker, Über hundert Jahre Staatsanwaltschaft im einstigen Preußen, insbesondere in Berlin, JR 1953, S. 237 ff.; Müller, Die Geschichte der Staatsanwaltschaft im Saarland. Von den Anfängen bis zu den Reichsjustizgesetzen 1877, in: Festschrift 150 Jahre Landgericht Saarbrücken, herausgegeben vom Präsidenten des Landgerichts in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität des Saarlandes, 1985, S. 74; Kintzi, Der eigene Weg der braunschweigischen Staatsanwaltschaft, in: Wassermann (Hg.), Justiz im Wandel. Festschrift des Oberlandesgerichts Braunschweig, 1989, S. 111 ff.; Achenbach, Vom Inquisitionsprozeß zum reformierten Strafverfahren - der strafprozessuale Epochenwechsel des 19. Jahrhunderts im Spiegel der oldenburgischen Gesetzgebung, in: 175 Jahre Oberlandesgericht Oldenburg, 1989, S. 17 ff.; Treppe, Einhundertfünfzig Jahre Staatsanwaltschaft in Berlin - Die Geschichte der "objektivsten Behörde im Staate", in: Festgabe 150 Jahre Staatsanwaltschaft Berlin, herausgegeben von der Senatsverwaltung für Justiz, 1996, S. 33 ff.

4 Z.B. schon Kern-Roxin, Strafverfahrensrecht, 10. A., 1970, S. 328.

5Roxin, DRiZ 1969, S. 385. Ebenso in jüngerer Zeit ders., Zur Rechtsstellung der Staatsanwaltschaft damals und heute, in: Festgabe 150 Jahre Staatsanwaltschaft Berlin, herausgegeben von der Senatsverwaltung für Justiz, 1996, S. 18 f.

6Coing, Epochen der Rechtsgeschichte in Deutschland, 4. A., 1981, S. 98 ff.; Eisenhardt, Deutsche Rechtsgeschichte, 1984, S. 319 f.; Hattenhauer, Die geistesgeschichtlichen Grundlagen des deutschen Rechts, 3. A., 1989, S. 43 f.; Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, 19. A., 1992, S. 472; Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 3, 2.A., 1993, S. 163; Laufs, Rechtsentwicklungen in Deutschland, 5. A., 1996, S. 260 f.; Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte, 5. A., 1996, S. 202 f.

7Rüping, Grundriß des Strafrechtsgeschichte, 2. A., 1991, S. 82 ff.

8Rüping, GA 1992, S. 151 f.

9Sellert/Rüping, Studien- und Quellenbuch zur Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, Bd. 2, 1994, S. 413 f.

10Otto, Die preußische Staatsanwaltschaft 1899. Zum Rückgriff auf die Arbeiten Ottos vgl. z.B. Roxin, Zur Rechtsstellung der Staatsanwaltschaft damals und heute, a.a.O., durchgehend Fn. 12-20.

11 Verordnung vom 3. Januar 1849, Preußische Gesetzsammlung (PrGS) S. 14 ff.

12Schubert/Regge (Hg.), Entstehung und Quellen der Strafprozeßordnung von 1877, 1989, S. 4.

13 Z.B. Rückert, Idealismus, Jurisprudenz und Politik bei Friedrich Carl von Savigny, 1984, S. 41.

14 § 3 der Verordnung vom 3. Januar 1849, PrGS S. 14 ff.

15 Zu Mühler vgl. anonym, Zur Erinnerung an H. G. v. Mühler, Justizministerialblatt für die Preußischen Staaten 1865, S. 27 ff., sowie z.B. v. Hodenberg, Die Partei der Unparteiischen. Der Liberalismus der preußischen Richterschaft 1815-1848/49, 1996, S. 174 f.; zu Uhden siehe z.B. Roß, Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte NF 1987, S. 176 ff; zu Savigny vor allem Rückert, a.a.O.

16Kehr, Zur Genesis der preußischen Bürokratie und des Rechtsstaats, in: ders., Der Primat der Innenpolitik. Gesammelte Aufsätze zur preußisch-deutschen Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert. Herausgegeben und eingeleitet von H.-U. Wehler, 2. A., 1970, S. 47.

17Blankenburg/Treiber, Leviathan 1978, S. 165 ff.

18 Die bisher publizierten Unterlagen waren hierfür nicht ausreichend. Die bei Otto, a.a.O., veröffentlichten Dokumente bzw. Dokumentenfragmente stellen nur eine Auswahl dar. Gleiches gilt für die Quellendokumentation von Schubert/Regge (Hg.), Quellen zur preußischen Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts. Gesetzrevision (1825-1848), I. Abt., Bd. 1-5, II. Abt., Bd. 9, 1. Hbd., Bd. 11, 1. und 3. Hbd., 1981 ff., die nur gedruckte Materialien enthält.

19 Kabinettsorder vom 17. September 1815, PrGS S. 198.

20 Zum Richterbild vor allem Ogorek, Richterkönig oder Sumsumtionsautomat? Zur Justiztheorie im 19. Jahrhundert, 1986.

21Plathner, Der Kampf um die richterliche Unabhängkeit bis zum Jahre 1848 unter besonderer Berücksichtigung Preußens, 1935, S. 87, 73 ff.

22 So z.B. Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung, Bd. 41, S. 565 ff.; Bd. 42, S. 188; Bd. 52, S. 627; Jusizministerialblatt für die preußische Gesetzgebung und Rechtspflege; 1839, S. 135; 1840, S. 180 f.; 1842, S. 109.

23 So z.B. Klüber, Öffentliches Recht des Teutschen Bundes, 1840, S. 575; vgl. auch Ogorek, Rechtshistorisches Journal 1984, S. 101 ff.

24Volkmar, Die Selbständigkeit der unteren Instanzen gefährdet durch das Geheime Obertribunal, 1843, S. 12; vgl. auch v. Hodenberg, Die Partei der Unparteiischen, 1996, S. 270.

25Savigny, Vorschläge zu einer zweckmäßigen Einrichtung der Gesetzrevision, abgedruckt bei Stölzel, Brandenburg-Preußens Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung, Bd. 2, 1888, S. 733 ff., 741.

26Regge, Kabinettsjustiz in Brandenburg-Preußen. Eine Studie zur Geschichte des landesherrlichen Bestätigungsrechts in der Strafrechtspflege des 17. und 18. Jahrhunderts, 1977, S. 28.

27Plathner, Der Kampf um die richterliche Unabhängigkeit, a.a.O., S. 90.

28Stölzel, Brandenburg-Preußens Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung, a.a.O., S. 521 ff.

29 §§ 508, 512 der Kriminalordnung von 1805; Nr. 3 der Kabinettsorder vom 4. Dezember 1824, PrGS S. 221.

30 Votum des Justizministers Uhden vom 30. Juni 1845, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GehStA), Rep. 84a, Nr. 4526, S. 542 ff., 562.

31 Zur Demagogenverfolgung und den staatspolizeilichen Kommissionen v.a. Ilse, Geschichte der politischen Untersuchungen, welche die neben der Bundesversammlung errichteten Commissionen, der Central-Untersuchungs-Commission zu Mainz und der Bundes-Central-Behörde zur Frankfurt in den Jahren 1819 bis 1827 und 1833 bis 1842 geführt wurden, 1860 (NDr. 1975); Siemann, Deutschlands "Ruhe, Sicherheit und Ordnung". Die Anfänge der politischen Polizei 1806-1866, 1985; Löw, Die Frankfurter Bundeszentralbehörde von 1833 bis 1842, diss. phil. 1932; Büssen, Die Karlsbader Beschlüsse von 1819, 1974; Obenaus, Die Entwicklung der preußischen Sicherheitspolizei bis zum Ende der Reaktionszeit, 1940.

32Ogorek, Richterkönig oder Subsumtionsautomat?, a.a.O., S. 303 f.

33W. Mittermaier, Die Parteistellung der Staatsanwaltschaft im reformierten deutschen Strafverfahren, 1897, S. 58.

34 Radikalste Kritk, die auch schon im Titel signalisiert wird, von Schulz / Welcker, Geheime Inquisition, Censur und Kabinetsjustiz im verderblichen Bunde, 1845.

35Küper, Die Richteridee der Strafprozeßordnung und ihre geschichtlichen Grundlagen, 1967, S. 183; Alber, Die Geschichte der Öffentlichkeit im deutschen Strafverfahren, 1974, S. 99 ff.

36Haber, ZStrW 1979, S. 601 ff.

37Blasius, HZ 1975, S. 106 ff., 126 ff.; Lorenz, Die rechtliche und politische Stellung des Proletariats in Preußen in der Zeit zwischen den Reformen und der Revolution 1848/49, 1992, S. 319.

38Hodenberg, Die Partei der Unparteiischen, a.a.O., S. 94.

39 So z.B. Mittermaier, Archiv des Criminalrechts (Neue Folge) 1843, S. 70; Hepp, Zeitschrift für deutsches Strafverfahren 1846, S. 43; Puchta, Der Inquisitions-Prozeß mit Rücksicht auf eine zeitgemäße Reform des deutschen Strafverfahrens überhaupt und besonders auf die Oeffentlichkeitsfrage hin betrachtet, 1844, S. 96; Steger, Ueber Oeffentlichkeit und Mündlichkeit im deutschen Strafverfahren, 1843, S. 10; Temme, Jahrbuch für die Criminalrechtspflege in den Preussischen Staaten 1840, S. 536.

40Schweichel, Vom "ministére public" zur Staatsanwaltschaft, in: Wolfram, Klein (Hrsg.), Recht und Rechtspflege in den Rheinlanden. Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Köln, 1969, S. 265 ff.

41Mittermaier, Die Mündlichkeit, das Anklageprinzip, die Oeffentlichkeit und das Geschwornengericht, 1845, S. 328 ff.; Schwarze, Ueber die Einführung des mündlichen Strafverfahrens, 1847, S. 79; Molitor, Zeitschrift für deutsches Strafverfahren 1843, S. 18, 27; Temme, Jahrbuch für die Criminalrechtspflege in den Preussischen Staaten 1840, S. 538 f.

42Leman, Ueber Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Strafverfahrens in den Preussischen Gerichten, 1842, S. 49; Mittermaier,a.a.O., S. 331.

43Mittermaier, a.a.O., S. 331.

44Abegg, Beiträge zur Strafprocess-Gesetzgebung, 1841, S. 76.

45Thesmar, Die Staatsanwaltschaft, ihr Werth im Civil- und Criminalrechte, 1844, S. 15; Braun, Hauptstücke des öffentlich-mündlichen Verfahrens mit Staatsanwaltschaft, 1845, S. 21.

46Mittermaier, Die Mündlichkeit, das Anklageprinzip, die Oeffentlichkeit und das Geschwornengericht, 1845, S. 320.

47W. Mittermaier, Die Parteistellung der Staatsanwaltschaft im reformierten deutschen Strafverfahren, 1897, S. 58.

48Landsberg, Die Gutachten der rheinischen Immediat-Justizkommission und der Kampf um die rheinische Rechts- und Gerichtsverfassung, 1914.

49Schubert/Regge, Gesetzrevision, a.a.O., I. Abt., Bd. 1, S. LX f.

50 Siehe z.B. Scheller, Grundzüge zur neuen Staatsverfassung Deutschlands, 1848, S. 1-6; zur Biographie vgl. auch anonym, Zum Gedächtnis an Fr. E. Scheller, Preußische Jahrbücher 1879, S. 577 ff.

51 Der Entwurf ist abgedruckt bei Schubert/Regge, Gesetzrevision, a.a.O., I. Abt., Bd. 2, S. 553 ff.; die angesprochenenen Bestimmungen finden sich auf S. 570 ff. Zum Fiskalat E. Schmidt, Fiskalat und Strafprozeß, 1921.

52 Vorerinnerung zu den Motiven, abgedruckt bei Schubert/Regge, a.a.O., S. 710.

53Hodenberg, Die Partei der Unparteiischen. Der Liberalismus der preußischen Richterschaft 1815-1848/49, 1996, S. 249.

54Stölzel, Brandenburg-Preußens Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung, Bd. 2, 1888, S. 509.

55 Sitzungsprotokoll vom 29. Mai 1828, GehStA, Rep. 84 II, 4. II., Nr. 12a, Bd. 1, Bl. 2 RS f.

56Schubert/Regge, Gesetzrevision, a.a.O., II. Abt., Bd. 9, 1. Hbd., S. XIX.

57 GehStA, Rep. 84 II, 4. II., Nr. 23, Bd. 1.

58Schubert/Regge, Gesetzrevision, a.a.O., I. Abt., Bd. 5, S. 900.

59 Das wird auch deutlich in der Abberufungorder vom 28. Februar 1842, in der es hieß, der Gesetzrevision sei "eine von der bisherigen ganz verschiedene Richtung zu geben"; zitiert nach Stölzel, a.a.O., S. 533.

60 Vorschläge zur zweckmäßigen Einrichtung der Gesetzrevision, abgedruckt bei Stölzel, a.a.O., S. 731 ff., 740 f.

61 Auszug aus Mühlers Generalbericht über die Justizverwaltung vom 30. November 1840, abgedruckt in der Criminalistischen Zeitung für die Preussischen Staaten 1841, S. 197 f.

62 Schreiben Mühlers an Kamptz vom 10. Oktober 1841, GehStA, Rep. 84 II, 3., Nr. 33, Bd. 2, Bl. 2 ff., 6 RS f.

63 Vgl. dazu Kroll, Friedrich Wilhelm IV. und das Staatsdenken der deutschen Romantik, 1990.

64 GehStA, Rep. 84 II, 4. I., Nr. 13, Bl. 80.

65 Votum Savignys vom 22. September 1843, a.a.O., Bl. 75.

66 So auch Schubert/Regge (Hg.), Gesetzrevision, Bd. 11, Tbd. 1, S. XXXV.

67 Votum Savignys vom 22. September 1843, GehStA, Rep. 84 II, 4. I., Nr. 13, Bl. 75 ff.

68 Entwurf Mühlers vom 1. September 1843, abgedr. bei Otto, Die preußische Staatsanwaltschaft, 1899, S. 11 ff; Denkschrift Mühlers vom 2. Dezember 1843, GehStA, Rep. 84a, Nr. 4526, S. 49 ff.; Protokoll der Sitzung des Staatsministeriums vom 27. Dezember 1843, GehStA, Rep. 84 II., 4. II., Nr. 25, Bl. 11 RS f.

69 GehStA, Rep. 84 II, a.a.O., Bl. 17 ff., 27 ff.

70Schneider, Der Preussische Staatsrat 1817-1918, 1952, S. 149.

71 Bericht Savignys über die Sitzung des Staatsministeriums vom 30. April 1844, GehStA, Rep. 84a, Nr. 4526, S. 201 ff.; Protokoll der Sitzung des Staatsministeriums vom 30. Mai 1844, GehStA, Rep. 84 II, 4. II., Nr. 25, Bl. 30 ff., 32.

72 Protokoll der Sitzung des Staatsministeriums vom 30. Mai 1844, a.a.O., Bl. 32 RS f.

73 Zum Verhältnis Friedrich Wilhelms IV. zum Richtertum vgl. u.a. den Entwurf eines Schreibens an Justizminister Uhden vom November 1846, GehStA, Rep. 89, Nr. 16869, Bl. 1, in dem er eine angebliche Milde der Gerichte in politischen Strafsachen beklagte.

74 Allerdings ist eine absolut sichere Erfassung der Motive, die hinter den einzelnen Entscheidungen standen, nicht möglich, schon deshalb, weil die in der indirekten Rede abgefaßten Protokolle die Namen der einzelnen Votanten meist nicht anführten.

75 Punkt 5 der Grundzüge vom März 1844, abgedr. bei Otto, Die preußische Staatsanwaltschaft, 1899, S. 23.

76 Protokoll der Sitzung vom 30. Mai 1844, GehStA, Rep. 84 II, 4. II., Nr. 25, Bl. 36 RS f.

77 Übersicht des Inhalts der gutachterlichen Berichte in GehStA, Rep. 84a, Nr. 4526, S. 387 ff.

78 Biografische Notizen bei Stölzel, Brandenburg-Preußens Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung, Bd. 2, 1888, S. 571; zu Friedbergs außerdienstlichem Engagement Fontane, Friedrich Christian Scherenberg und das literarische Berlin von 1840 bis 1860, 1885, S. 35 ff., 45 ff.

79 Vorlage zum Votum des Staats- und Justizministers Uhden (Autor: Friedberg) vom 30. Juli 1845, GehStA, Rep. 84a, Nr. 4526, S. 476 ff.

80 A.a.O., S. 481 ff.

81 A.a.O., S. 483. In einer späteren Beratung betonte Uhden noch einmal, dass die entsprechende Passage vor allem mit Blick auf die öffentliche Meinung geschrieben worden sei, Protokoll der Sitzung im Justizministerium vom 2. Dezember 1845, a.a.O., S. 632 f.

82 A.a.O., S. 478.

83 A.a.O., S. 538 f.

84 A.a.O., S. 492.

85Schweichel, Vom "ministère public" zur Staatsanwaltschaft, in: Wolffram, Klein (Hg.), Recht und Rechtspflege in den Rheinlanden. Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Köln, 1969, S. 269 f.

86 Zusammenfassendes Protokoll zur Sitzung des Staatsministeriums vom 23. Dezember 1845, GehStA, Rep. 84a, Nr. 4527, Bl. 11 ff., 16.

87 So Rüping, Grundriß der Strafrechtsgeschichte, 2. A., 1991, S. 85.

88 Schreiben Savignys an Uhden vom 19. März 1846, GehStA, Rep. 84a, Nr. 4527, S. 131 f.

89 Promemoria der Justizminister Savigny und Uhden über die Einführung der Staats-Anwaltschaft im Kriminal-Prozesse, a.a.O., S. 155 ff., auch abgedruckt bei Otto, Die Preußische Staatsanwaltschaft, 1899, S. 40 ff., sowie bei Schubert, Regge (Hg.), Gesetzrevision (1828-1848), 1981 ff, Bd. 11, T. 3, S. 1284 ff.

90 Schreiben des Innenministers Bodelschwingh an Uhden vom 21. März 1846, GehStA, Rep. 84a, 2.5.1., Nr. 9768, Bl. 1 ff.

91 A.a.O., Bl. 4.

92 Schreiben Uhdens an Bodelschwingh vom 23. März 1846, a.a.O., Bl. 9 ff., 10.

93 Kabinettsorder vom 30. März 1846, GehStA, Rep. 84 II., Nr. 25, Bl. 122.

94 GehStA, Rep. 84a, 2.5.1., Nr. 9768, Bl. 16 ff.

95 Friedrich Wilhelm IV. begründete das Übergehen Savignys später damit, es habe sich um eine administrative und nicht um eine legislative Maßnahme gehandelt, Schreiben an Savigny vom 15. Mai 1846, GehSta, Rep. 84 II., 3., Nr. 33, Bd. 2, Bl. 227.

96 PrGS S. 267 ff.

97 Die Öffentlichkeit der Verhandlung führte man erst im Frühjahr 1847 ein, offensichtlich als Zugeständnis an den unmittelbar darauf tagenden Vereinigten Landtag, Gesetz vom 17. April 1847, PrGS S. 130.

98 Friedrich Wilhelm IV. hatte angewiesen, "daß die eigentliche Veranlassung dieser Anordnung nicht bekannt werde", Schreiben an Savigny vom 24. April 1846, GehStA, Rep. 84 II., 3., Nr. 33, Bd. 2, Bl. 212 RS.

99Volkmann, Neue Jahrbücher für sächsisches Strafrecht 1846, S. 288 ff.; Temme, Zeitschrift für deutsches Strafverfahren NF 1846, S. 343, Noellner, a.a.O., S. 459; Abegg, Archiv des Criminalrechts, 1847, S. 103 ff.; Scheller, Äußerungen zum Gesetz vom 17. Juli 1846, 1846, S. 13 ff.

100 Z.B. Volkmann, a.a.O., S. 294.

101 PrGS S. 14 ff.

102 Denkschrift zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Einführung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens mit Geschworenen in Untersuchungssachen, GehStA, Rep. 84a, Nr. 8063, Bl. 104 ff, 106 RS.

103 So Günther, Staatsanwaltschaft. Kind der Revolution, 1973.

104 In den Denkschriften und Motiven des Justizministeriums finden sich kaum Hinweise auf die zeitgenössische Literatur. Das soll natürlich nicht heißen, dass den Ministerialbeamten die Kenntnis des öffentlich ablaufenden Diskurses abging; es muss aber wohl bedeuten, dass die Stellungnahmen der Reformschriftsteller für die Untermauerung und Legitimation der behördeninternen Vorschläge nur einen geringen Wert besaßen.

105 So die Funktionsbezeichnung für die Staatsanwaltschaft in der Allgemeinen Verfügung des Justizministers vom 13. November 1849, Justizministerialblatt 1849, S. 460.

Aufsatz vom 12. März 2001
© 2001 fhi
ISSN: 1860-5605
Erstveröffentlichung
12. März 2001